Dorfgeschichte in der Kirchturmspitze
Renovierung der Kirchturmspitze 1960
Alte Urkunden und Zeitungen erzählen aus längst vergangenen Zeiten
Die Handwerker, die gegenwärtig die Simmersbacher Kirche neu mit Schiefer belegen, haben bei dieser Arbeit einen interessanten Fund gemacht. Als sie die Kirchturmspitze abbauten, fanden sie in ihr eine verzinnte Kakaobüchse mit einigen Urkunden aus dem Jahre 1888. Bei einer Reparatur des Turmes hatte der damalige Ortspfarrer Petry in diesen provisorischen Behälter ein Exemplar des „Hinterländer Anzeigers“ vom 4. August des „Dreikaiserjahres“, ein Mitteilungsblatt des Gustav-Adolf-Werkes und die Kirchenzeitung „Dar barmherzige Samariter“ gelegt und dazu eine handgeschriebene Urkunde getan, in der ein getreues Bild des dörflichen Lebens von damals zeichnete. 72 Jahre lang haben diese Papiere hoch über Simmersbach ausgehalten, sind vergilbt und brüchig geworden und stellenweise kaum noch lesbar. Aber mit Geduld kann man doch noch manches interessante Detail aus ihnen entziffern.
Da ist z. B. das Wetter, das ebenso wie vor fünfzig Jahren eine merkwürdige Übereinstimmung mit dem diesjährigen feuchten Sommer zeigte. Pfarrer Petry schreibt nämlich, daß die Simmersbacher im Jahre 1888 bis zum 4. August noch kein Heu machen konnten, weil es fünf Wochen ununterbrochen regnete. Als getreuer Chronist vermerkt der Ortspfarrer dann weiter, wieviel Einwohner Simmersbach damals hatte, wer Bürgermeister war, wie der Lehrer hieß usw. Er berichtet von den großen und kleinen Sorgen der Menschen, die vor 72 Jahren lebten, und wenn wir heute von ihnen lesen, meinen wir doch, es sei die „gute alte Zeit“ gewesen.
Pfarrer Henrich, der jetzige Pfarrer von Simmersbach, wird auch der neuen Kirchturmspitze wieder Erinnerungen an die gegenwärtige Zeit einlegen. In einem Blechgefäß, das den Witterungseinflüssen besser standhalten wird, soll wiederum ein Exemplar der Heimatzeitung „Hinterländer Anzeiger“, ein Kirchenblatt „Unser Weg“ und ein Bericht über Simmersbach von heute aufbewahrt werden.
Die Renovierung der Kirche hat inzwischen auch im Inneren begonnen. Der alte Fußboden wird herausgerissen, er soll durch Platten ersetzt werden. Der alte Taufstein aus Sandstein soll einen anderen Platz erhalten. Die sehr unbequemen Bänke mit zu schmaler Sitzfläche werden durch neue, breitere ersetzt. Bei diesen Umbauarbeiten helfen die Simmersbacher Gemeindeglieder durch Eigenleistung fleißig mit.
Kopf des Hinterländer Anzeigers von 1888 |
Schluß der von Pfarrer Petry verfassten Dorfbeschreibung |
Quelle: Privatarchiv des Lehres Kurt Unzner