Das Limoheim flog in die Luft
Die alte Trinkerheilanstalt in Simmersbach flog in die Luft (29.10.1986)
Über eine Million Mark an Schaden – Liegt eine Leiche unter den Trümmern?
Der Knall war ohrenbetäubend und riß das gesamte Dorf aus dem Schlaf. Um 3:22 in der Nacht zum Mittwoch flog die ehemlige Psychosomatische Klinik in die Luft. Kein Stein blieb auf dem anderen. Das einst dreistöckige Gebäude wurde innerhalb eine Augenblickes im wahrsten Sinne des Wortes dem Erdboden gleichgemacht. Der Knall war ohrenbetäubend und riß das gesamte Dorf aus dem Schlaf. Kein Stein blieb auf dem anderen. |
Bei der Polizei wurde die Explosion wenige Minuten später gemeldet, ein zweiter Anrufer bestätigte den Beamten die Wahrhaftigkeit. „Nein kein Scherz“. Das im Volksmund als „Limoheim bekannte Haus sei nicht mehr. Die Ordnungsmacht reagierte im ersten Moment etwas zu heftig und veranlaßte vorsichtshalber durch die benachbarte Polizeistation in Gießen, Biedenkopf, Ehringshausen und Wetzlar eine großräumige Sperrung, weilman nicht wußte, was genau passiert war.
„Bombardiert“
Erheblich beschädigt wurde dieses Nachbarhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite von den Trümmern der ehemaligen Klinik. Im Umkreis von 200 Metern bürsteten die Fensterscheiben und flogen Dachziegel davon.
Zeugen wollen nachts Licht gesehen haben
Daran änderte sich bis gestern abend auch nichts wesentliches mehr. Zwar geht die Kriminalpolizei mit einiger Sicherheit davon aus, daß es sich um eine Gasexplosionhandelt. – Kripochef Hans Beurenmeister: „ Das ganze Schadensbild spricht dafür“ – aber wodurch in dem seit nun rund anderthalb Jahren leerstehenden Haus das Gas zur Detonation gebracht wurde, blieb völlig unklar.
Nicht auszuschließen ist, so wurde von den Behörden mitgeteilt, daß sich zum Zeitpunkt der Explosion Unbekannte in der ehemaligen Trinkerheilanstalt aufhielten. Diese Befürchtung stützt sich auf Zeugenaussagen, nach den in den vergangenen Nächten Licht in dem Gebäude gesehen wurde. Zwar begannen bereits gestern vormittag Bagger des THW Dillenburg damit, den riesigen Schuttberg abzutragen, in dem bislang noch keine Anzeichen gefunden wurden, die auf ein Todesopfer hinweisen, da die Arbeiten gestern aber bei Einbruch der Dunkelheit abgebrochen werden mußten und bisher nur ein Teil der Trümmer beseitigt ist, wird nach wie vor die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß ein nächtlicher Besucher in dem Gebäude mit Feuer hantierte, die Explosion auslöste und verschüttet wurde. Die Suche soll heute fortgesetzt werden.
Schadhafte Gasleitung die Ursache?
Als Ursache vermutet die Polizei eine schadhafte Propangasleitung. Neben dem Haus stand ein Flüssiggastank, dessen Ventil geöffnet war und von dem ein Küchenherd versorgt wurde. Beheizt wurde die Ex-Klinik mit Öl, so daß möglicherweise das Luft-Gas-Gemisch auch in den Heizungskeller eindrang und dort „gezündet“ wurde.
Den Schaden schätzte Dillenburgs Kripo-Chef vorsichtig auf mindestens eine Million Mark. Hinzu kommen noch alle Beschädigungen, die die Druckwelle und die zum Teil zentnerschweren Mauerbrocken in der Umgebung anrichteten, die teilweise bis zu 150 Meter weit durch die Luft flogen. Sogar auf der Bundesstraße, die oberhalb des Hauses führte, lagen die Trümmer.
Nachbarn, die zum Zeitpunkt des großen Knalls noch einmal mit dem Hund draußen waren und in deren knapp 100 Meter entfernten Haus Fenster durch die Druckwelle barsten, berichteten gestern von einer riesigen Feuersäule, die aus dem alleinstehenden Haus emporgeschossen sei, bevor sie durch den Donner der Explosion in Deckung gezwungen wurden. Ein in der Nähe abgestellter Pkw wurde ebenso „durchlöchert“ wie die Haustür eines Nachbargebäudes, ein weiteres Haus, dessen Dach mit Naturschiefer gedeckt war, wurde fast völlig „entblättert“, und auf dem Wiesengelände ringsum knickten die Birken wie Kirschblüten ab.
Hotelpläne
Die Feuerwehr war gestern vor allem damit beschäftigt, eine Abwasserleitung , durch die mittlerweile literweise Heizöl in die Kanalisation floß zu verstopfen. In dem Tank befanden sich nach Polizeiangaben noch etwa 2.000 bis 3.00 Liter der für das Wasser so gefährlichen Flüssigkeit.
Der Besitzer des Anwesens, ein Landwirt aus Breitscheid, wollte nach Angaben des Kreises in allernächsten die ehemalige Klinik Zeit in ein Hotel umbauen,nachdem die Psychosomatische Trinkerheilanstalt vor rund zwei Jahren nach Wissenbach umgesiedelt war.
Gerüchte die besagen, daß in dem Haus Asylbewerber einquartiert werden sollten, seien demnach aus der Luft gegriffen, betonte ein Brandermittler, der auch darauf hinweist, daß ein Anschlag mittels Gas für einen Attentäter recht gefährlich werden könne.
Heute ist das „Limoheim“ längst wider aufgebaut, jedoch nur noch zweistöckig, und wird als Mietshaus betrieben.
Quelle: Teilweise Dill-Zeitungen vom 30.10.1986