„Erinnern und ermahnen“
Die zentrale Gedenkveranstaltung der Gemeinde Eschenburg hat am Sonntagnachmittag auf dem Friedhof in Simmersbach stattgefunden. Nach dem Diebstahl von zwölf Bronzeplatten im vergangenen Jahr ist der Gedenktag an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Eschenburg erstmals mit neuen Tafeln begangen worden. Diebe waren auch in Eibelshausen sowie auf dem „Friedhof Berg“ im benachbarten Ewersbach aktiv gewesen. Die in eine Bruchsteinmauer eingelassenen sieben Bronzeplatten mit den Inschriften zum Gedenken der Ewersbacher Opfer des II. Weltkrieges waren mit Gewalt herausgelöst und entwendet worden. Dabei entstand ein materieller Schaden in Höhe von rund 30 000 Euro.
Konrads Schelte in Richtung Diebe: „Hier wurde das Andenken der Opfer aufs Übelste beschädigt. In Eschenburg halten wir das Erinnern hoch, weil die Welt seit dem II. Weltkrieg nicht friedlicher geworden ist. Und hierfür wurden uns die Namen der Menschen geraubt, deren Tod in fast jeder Familie eine bleibende Wunde gerissen hat“, sagte Bürgermeister Götz Konrad.
Die Gedenkplatten sind nun aus modernem Kunststoff. Dies sei für solche Metalldiebe uninteressant und solle zeigen, dass „unsere Trauer zeitlos ist“. Die Mahnung „Sorgt Ihr, die ihr noch im Leben steht, dass Frieden bleibe“, steht an den Tafeln.
„Wie unbedacht wir mit dem schweren Erbe in die Zukunft stolpern, zeigt mir die aktuelle Diskussion um das Westerwaldlied“, sagte Konrad. Entstanden ist das Lied „O, du schöner Westerwald“ 1932 in Daaden am Stegskopf in einem Lager des sogenannten „Freiwilligen Arbeitsdienstes“. Im gleichen Jahr organisierten die Nationalsozialisten die Wahlkampfkampagne „Hitler über Deutschland“.
„Die Aussage ‚Die Juden sind unser Unglück’ war damals genauso falsch wie heute die Befürchtung ‚Flüchtlinge bekommen Weihnachtsgeld’“, stellte Konrad klar. „Deshalb ist es besser, solchen Lügen entgegen zu treten oder sie wenigstens nicht zu verharmlosen und zu verbreiten“, sagte der Bürgermeister.
Die Angst, zu kurz zu kommen oder abgehängt zu werden, dürfe sich nicht mit dem falschen Glauben verbünden, man selbst sei etwas Besseres und mehr wert als andere Menschen.
Das Westerwaldlied an sich treffe keine Schuld. „Es hat ein ähnliches Schicksal wie unser Eschenburg-Turm. Beide wurden für das Regime der Nationalsozialisten eingespannt“, erklärte Konrad. „Deshalb tun wir gut daran, mit diesem Volkstrauertag zu erinnern und zu ermahnen“.
Pastor Martin Simon von der Freien evangelischen Gemeinde Simmersbach hielt die Andacht. Der Volkstrauertag mahne, dass „wir in unserem Leben ein Segen für andere sein sollten“.
Der Gesangverein „Liederkranz“ Simmersbach trug die Lieder „Chor der Gefangenen“ von Guiseppe Verdi und „Jahre kommen, Jahre ziehen“ von Rudi Kühn vor. Außerdem begleitete der Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde Simmersbach die Totenehrung.