Auszüge aus dem Kirchenbuch

Auszüge aus dem Kirchenbuch

Die alten Kirchenbücher sind oft beredte, wertvolle Zeugen der Vergangenheit. So wird auch in dem ältesten Kirchenbuche zu Simmersbach mit mach wichtigen Nachrichten und Begebenheiten aus der Geschichte, Natuerereignissen und der Kulturgeschichte aus unserer Heimat berichtet. Die alten Simmersbacher Pfarrer waren schreibfleißige Leute und haben außer den notwendigen Eintragungen in Ihr Kirchenbuch noch mancherlei, was sie inertisierte hineingeschrieben.

1629 wurde in Oberdieten ein Bau für 80 H gekauft und zu einer Pfarrscheune dahier eingerichtet. Diese Scheune stand bis 1777 wo die jetzige (1977abgerissene) erbaut wurde.

So erfahren wir aus dem alten Kirchenbuche allerlei aus der trüben Zeit des 17. Jahrhunderts.

Mit den Drangsalen des 30. jährigen Krieges hebt das Buch an. Mit bewegtem Herzen hat der gelehrige Pfarrer zu Anfang den Vers hingeschrieben:

Nunquam bella piis, nunquam discrimina desunt, Et quocum certet, mens pia semper habet

(Niemals fehlen Kämpfe und niemals Gefahren den Frommen, Liegt doch das fromme Gemüt immer mit etwas im Streit)

Nun kommen mancherlei Eintragungen, die uns die Not und das Elend jener Zeit vor Augen führen. Wie sehen die wilden kriegsvölker in die friedlichen Dörfer des Hinterlandes einbrechen. Den 16. März 1637

zwey Regimnet Reuter hergezogen, Druckmüller und Kolbe, uns ohne sundelichen Schaden“

Freilich für ein Dorf in der Nachbarschaft sollte es nicht so ohne sonderlichen Schaden abgehen Den 17. März 1638

Bottenhorn durch inliegende reuter aus verwarloßung angesteckt worden, sind 17 oder 19 bew (Gebäude) abgerannt

Wie verwildert und disziplinlos die Truppen durch den langen Krieg geworden sind, sagt uns ein anderer Eintrag:

Den 18. März 1639 den Capitan leutenant, so von einem wachtmeister erschossen worden und auß versehing, vir nobilis (ein Edelmann), Heygera sepultus (zu Haiger begraben)

(Dort lag damals das kaiserliche Regiment des Nassau-Dillenburger Grafen Ludwig Heinrich)

Die Räubereien und Quälereien der entmentschten Soldateska wurden schließlich so schlimm, daß die Dorfbewohner dann meist beim Nahen der Kriegshorden das Weite suchten und flohen. Davon meldet ein anderer Eintrag:

Den 12. Januar 1640 ein Kind getaufft zu Achenbach in der Kapell, weil dazumal in Enga (auf der Flucht) vor der Weimarschen Armee sind gewesen

(Damals hatte das Heer Bernhards von Weimar, das nach dessen Tode in französischen Dienst getreten war, seinen berüchtigten Zug durch die Dillenburger Graffschaft nach Marburg gemacht).

Weiter hören wir von den schändlichen Lüsten der rohen Soldaten. So wird im September 1637 ein uneheliches Kind getauft, dessen Vater ein im Winter 1636 auf 1637 zu Simmersbach im Quartier gelegener Dragoner war.

So wird im Februar 1641 der „wick else“ein Kind getauft, dessen Mutter nach Ihrer Angabe von einem schwedischen Soldaten vergewaltigt worden war.

Dann hören wir von den schlimmen Folgeerscheinungen des unheilvollen Krieges, von Pest und Hungesnot. 1626 war die Pest in Simmersbach, an der auch der damalige Pfarrer Nicolaus Clemens, starb.

1635 und 1636 war wieder die Pest in dem Dorfe.

Damals starben 56 Personen, hauptsächlich Kinder. Unter den Opfern der Pest war auch ein Söhnchen des damaligen Pfarrers und die Pfarrfrau, die in der Kirche zu Simmersbach begraben wurden. Unter dem 17.09.1636 ist aufgeschrieben: „Jonas Arnold so der letzte gewesen so damals Pest zur Erde bestattet worden“.

Wir sehen ferner die bleichen Gestalten, welche die Hungersnot aus Ihren Orten vertrieben hatte, die nun hungernd und bettelnd im Lande umherzogen und zum Teil die Landstraßen unsicher machten. Den 27. Februar 1638

ein medgen zwischen ginnern (Gönnern) und Obern horla (Oberhörlen) von einer blinden bettel frawen, so eine Tochter bei sich gehapt, die sie geleitet, mit einem strick erdempffet geworden“

Anno 1639 wird „Einer amen frawen ein Kind getaufft“

Noch manch anderes weiß das alte Buch aus jener Zeit trüben zu berichten

Zu Ausgang des Jahres 1637 ein Wochenmarkt zu Dillenburg von dem Wohlgeborne graff Ludwig Henrichen verordnet und bestetiget“

(Der Wochenmarkt war natürlich für das nicht allzuweit entfernte Simmersbach von Bedeutung)

Den 4. Februar 1638 „Eine Eyche im hohen Rein gehawen, und ein Drenck draus gemacht“

Den 25. April 1638 „die gräfliche Hochzeit zu Dillenburg gewesen, (der Nassau-Dillenburger Gräfin Anna Amalie mit dem Graf Philipp Ludwig von Wied) hatt 6 Tage gewehret, und ist mein gnediger herr Landgraff Georg den 28. April auch noch dahingekommen, aber am 29. Huius so balt wieder ab haher Giesen gereisset, und ist die gräffliche hochzeit mit graff Lotzio (Georg Ludwig von Nassau-Dillenburg) mit der Fürstin aus Braunschweig (Anna Auguste von Braunschweig-Lüneburg) 8 Tage zuvor dinnen gewesen“

Den 8. Dezember 1639 „ist die Breidenbacher Orgel zum aller ersten mahl geschlagen“

In dieser Zeit wurde auch in der Stadtkirche zu Herborn die erste Orgel aufgestellt.

Am 5. Dezember 1647 lassen Simmersbacher in Eiershausen taufen, „weil die kaiserliche Parteien ganz Hessen durchstreift“:

Von Hexerei und argem Aberglauben, der durch den schlimmen Krieg wieder emporgewuchert war, meldet eine anderer Eintrag von 1650:

den 20. Tag July Just Wagner, lediggesell, so bezaubert worden, und sterben müssen, zur Erde bestattet. Ein Thier gleich einem vierbeintz (Viergebein im Volksmiunde Name für Eichdechse) aus seinem Knie gangen, bey meister Gangaolf Feltschärer zu Dillenbergk. Ist zu Dillenberg gestorben und nach dem rodt begraben worden“

Was mag der Dillenburger Feldscherer noch alles für Quacksalbereien verbrochen haben?

In der Kirchenchronik Hirzenhain steht über den Hexenwahn:

Die “Hexe” Gailn Anna von Hirzenhain gibt im Prozeß an, daß beim Treffen der Hexen mit dem Teufel auf “Weinerts Küppel” bei Uebernthal u.a. auch Kreichen, Gräb Adams Frau aus Simmersbach mit gegessen, getrunken und getanzt habe.

Mai 1647 Die Leute sind alle ausgewichen gewesen aus hessischen Dörfern wegen der gistischen (kaiserlichen) Völker, so sie vorhin haben geraubt alle Fahrnis (Hausgeräte).

Dez. 1647 Johann Theiß und Eva, Eheleut zu Simmersbach, haben hier in Eyershausen ihren Sohn Joh. Jost taufen lassen, weil die kaiselichen Pestien (Bestien) ganz Hessen duchstreiften.

Am 2. April 1667 brannte das alte Pfarrhaus dahin, von einer Bergmannsfrau angesteckt von oben herab.

Von 1667 bis 1671 war kein Pfarrhaus vorhanden, der damalige Pfarrer Johann Christoph Clemens wohnte in seinem eigenen Haus. Das in 1672 gebaute Pfarrhaus stand bis 1800 dort, wo das jetzige Pfarrhaus erbaut wurde.

Weiter führt das Simmersbacher Kirchenbuch uns hinein in die Leiden und Drangsale, welche die frazösischen Raubkriege gegen Ausgang des 17. Jahrhunderts über unsere Lande brachten. 1678 bedrohte Ludwig XIV. Holland. Die Kirche, das Pfarrhaus und sämtliche andere Wohnungen wurden von fremden Truppen geplündert, das Kirchenbuch berichtet darüber:

Chur Brandenburg macht sich mit einem großen Zeug auf, marschiret das Hessenland in der Mitte durch, succurs(Unterstüzung) zu leisten; mittlerweile thut der Französische General Türenne in der Mark Brandenburg einfall, daß unverrichter sachen. Dux Brandeburgicus Christianus von Rittmeister Wintern zurück geruffen wird, da er eben mit all seinem Zeug durch das Hessenland nicht ohne ziemlichen schaden passiiret, trifft gezwungen bey Suest (bei Soest) in Westfalen einen friedens contract mit Frankreich, worauf Türenne seinen march auf Corbach und von da auf Wetzlar genommen, allwo die cavalerie durch Nieder-Hessen neben der Stadt Wetter hin gegangen, genz de pied (das Fußvolk) aber, oder die Infantrie durch die Graffschafft Wittgenstein und Fürstenthumb Nassaw und Dillenburg geführet worden. Dieße infantrie, weil sie mehrentheils von Irrländer, Engelländer und Schottländer bestünde, welche alle geschenckte Völker, wurde sie von General Türenne in sonderem zwang nicht gehalten, darumb sie hir und da außgetretten, und derselben ongefehr 70 stück in Simmersbach einen einfall hatten, sowohl Gottes- alß gemeine Häußer spolieret (braubt), in dem Pfarrhauß summa imis misciret (das oberste zu unterst gekehret) ihme seinen Prediger-Mantel entwendet, den Pfarrer selbst seiner Kleyder, so er am leibe getragen, beraubt, die Kirchen mit gewaltsamer hand aufgestümbt, worinnen sie neben anderm den ornat von dem Altar und Tauffstein, sampt dem Kelch mit zugehörigen sache, gestohlen, und auch davon gebracht haben, welches geschehenin dem Monat Junio bemelten jahres“

[Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne (* 11. September 1611 in Sedan; † 27. Juli 1675 bei Sasbach, Baden, gefallen) war ein französischer Heerführer und Marschall]

Weitere Unruhen brachte der Winter 1674 auf 1675. Damals

haben zwei Kayserliche Companien in etzliche an der Kräntze Dilleberg gelegene Dörfer quartier darinn zu suchen, eingedrungen, welche aber Ihr Fürstl. Durchl. von Darmstadt mit gegengeald wiederum außgetrieben durch Oberst Wachtmeistern Senfft und hierzu ihn beygegebene.

Damals starb zu Roth ein kaiserlicher Reiter:

Hanß Monss, ein Kayserlicher Reuter, so zu der Zeit zu Rod das quartier neben anderen mit gewalt genommen, doch von ihrem damaligen Rittmeister Franzel, so zu Simmersbach gelegen, dahin geschicket. 24. Dezember alda, weil er ein geborner Schwed, und darum Evangelisch, ehrlich zur Erde bestattet.“

Unter den kaiserlichen Truppen, die 1675 in der Dillenburger Grafschaft hausten, befand sich viel zuchtloses Gesindel. Das Kirchenbuch sagt darüber:

Eben damal sind Kayserliche graboten (Kroaten) oder Ziegeiner den Winter über einquartiret worden.“

Diese Kroaten scheinen sich durch mancherlei Untaten ein schlimmes Andenken bereitet zu haben. Nach den Ebersbachen Kirchenbüchern wurde eine Witwe von der Neuhütte auf dem Weg nach Dillenburg von einem Kroaten überfallen und vergewaltigt.

Im Frühjahr 1676 wütete ein schreckliche Feuersbrunst im Dorf.

Im April, den 19. ist mittwochens in der ersten Nachtwach ist allhier zu Simmersbach in Johann Adam Rehs Scheuer eine feuersbrunst entstanden, in welcher in einer stunde Zeit 58 Bäwen (Gebäude) totaliter mit allem Haußrath, Hab und Nahrung, alß von gedachten Rehs Wohnungen an biß zu Ende des des Untherteils deß dorffs in die Aschen gesetzt worden, doch sind dem Feuer keine Menschen zu theil worden.

In folge der Kriegslasten mußten 1677 die Steuern erhöht werden. Dazu vermeldet das Kirchenbuch:

In diesem jahr ist zu Grünberg in Ober-Hessen von Ihr. Fürstl. Durchl. Ludwigem dem Aelteren ein Land-Tag gehalten worden, worauf die gewöhnliche Contributions-gelder (Steuer, Kriegssteuer) in dero gantzem Fürstentumb auf etliche jahr gedreyfachet worden, weil zu werenden Kayserlichen Krieg contra Gallo (gegen die Franzosen) etzliche Völker gehalten werden müssen, hat die einfache Contribution nichts noden können können.“

1677 ist der jetzige Brunnen im Pfarrhof gegraben worden.

Besonders schlimm muß es im Winter 1677 auf 1678 gewesen sein, hier heißt es im Kirchenbuch:

In diesem Jahr haben bey des Winters Eintritt fast drei Wochen 14 Regiment Völker im Dillebergischen, sonderlich im Herborner und Haigerischen Amt gestanden und hat ein jeder Quartier machen wollen, endlich sind sie gewischen bis auf 4 Regiment, welches Münsterische und Osnabrückische gewesen. Diese sind im Winterquartieren allda gelegen bis auf Jacobi ungefähr.

Der der Winter 1678 auf 1679 brachte durch viel Schnee allerlei Unheil.

In diesem jahr ist deß Winters anfang ein großer Schnee gefallen, welcher mit all dem folgenden, so hernach dazu kommen, im frühling an noch zusammengelegen, daß auch Menschen von Wölfen gefressen worden, etliche sind erfroren, wie dann sonderlich bei Hirtzenhain ein Reuter von den Münsterischen Völkern, so damals neben den Osnabrückischen häuffig im Dillenbergischen im quartier den gantzen Winter gelegen, daß land sehr ruiniret, daß auch viel leute von ihnen weg ziehen müssen; von selben Reutern hat man bey genanntem Dorff einem im tieffen Schne todt gefunden it. Bey Schelten (wohl Oberscheld) einen Bauersmann, so ihm den Weg bey der Nacht hatte zeigen sollen.“

Wie roh und grausam es während des Krieges zuging, zeigt eine weitere Eintragungung von 1679:

Johann Jacob zu Breydenbach ein leutenant zu Fuß im Außschuß schlägt mit dem kurtzen gewehr einen Mann von Oberdieden, Henchen Seydel genand, daß er darüber nach etlichen Tagen gestorben; der Cörper ist auch von den Medicis gewißhwit halber geöffnet worden; ist aber der Thäter deßwegen sonderlich nicht angesehen.“

Die Vorgesetzten konnten sich zu dieser Zeit ziemlich viel erlauben, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Das Kirchenbuch von Simmersbach berichtetvon einem Beben im 17. Jahrhundert. Dort notiert Pfarrer Georg Werner Eberhorn (gebürtig aus Biedenkopf) unter „Notabilia” 1682:

Anno 1682 ist in diesem Land ein Erdbeben gewesen. Item hat jedermann ein sonderlich Feuerzeichen am Himmel gesehen.”

Mit „in diesem Land” ist, gebräuchlich bei den Einträgen des Pfarrers, die engere Heimat gemeint, im Gegensatz zu „Hessen und anderen Orten”. Das Feuerzeichen am Himmel ist wohl eines der seltenen Nordlichter gewesen, deren letztes hier vor etwa etwa 30 Jahren zu sehen war.

Jahrzehnte dauerten die Einquartierungen an. 1686 vermerkt das Kirchenbuch:

Balthasar lamp ein münsterischer Reiter den 10. Januar zur erden bestattet.“

Bei den Taufen findet sich folgender Eintrag im Kirchenbuch:

1692, den 3ten Aprilis, ist ein geborener Jude ein Wetsphälingeraus dem Stifft Münden (Minden) auß dem Flecken Hill (Hille), zu der Zeit ein hessen-casselicher Dragoner unser Herrn Oberst Kettlers Regiment, nach deme ich denselben ein Zeitlang im Grundt des Christenhumbß informiert, allhier von mir getauft worden und ist benahmet worden Friederich Christean. Die Taufpatten sind gewesen Herr Obrist Fiedrich von Kettler, Oberstlieutnant Wilhelm von Oinhausen, Herr Major Melchior von Schöpping – deren Abgeordneter ward ein Cornet (Fähnrich) nahmens Bremer, item (ebenso) Philipp Adam von Drack – an dessen Stell Herr Walter, Pfarrer zu Oberhörlen; item die Frau Commandantin, Herrn Commandanten von Dillenburg, Herrn von Schellenberg, Eheliebst – an deren Stelle meine Schwester als Pfarrerin zu Oberhörlen gewesen.

Georg Werner Eberhorn, Pfarrer

Es gab auch Ereignisse, die im Kirchenbuch festgehalten, die nicht von Krieg, Feuer, Hungersnot Pest und Elend berichten.

Im Jahre 1695, als sich das Land allmählich von den Schäden des Dreißigjährigen Kriegs erholt hatte, drang an den Hessen-Darmstädtischen Hof die Nachricht von zwei Bauern, die bei Roth einen Silberfahlerz führenden Gang gefunden hatten. Sie waren auf das Vorkommen aufmerksam geworden, weil weder Tau noch Reif noch Schnee dort liegen blieben. Landgraf Ernst Ludwig entsandte seinen Bergmeister Johann Adam Rephun, der den Gang durch einen Schürf freilegen ließ und 4 Ctr. Erz zu einem Probeschmelzen auf die Feudinger Hütte bringen ließ. Das Ergebnis war sensationell: 3,5 kg Feinsilber wurden erschmolzen, aus denen im folgenden Jahre in Gießen die Rother Ausbeutetaler geprägt wurden. Sie zeigen eine Palme, an der das Hessen-Darmstädtische Wappen hängt, mit der Umschriftung: “Solche Früchte gibt die Gottesgab.”

Dazu der Eintrag vom Jahr 1696, in dem das Bergwerk in Roth, “Gottesgabe” genannt, entdeckt wurde:

In diessen Jahr ist das bergwerk zu Rodt erfunden worden“

1705 hat die Frau Landgräfin Dorothea Charlotte ein Armenkapital gestiftet, wo nach es Simmersbach 24 Kr. erträgt.

1727 brannten wieder zwei Wohnhäuser ab.

1781 Unterstützung der Armen aus der Kirchenkasse (Gerald Bamberger)

Im Pfarrarchiv Simmersbach befindet sich ein Schreiben aus dem Jahre 1781, mit dem der Gladenbacher Inspektor (Dekan) Hüffel dem Simmersbacher Pfarrer eine Entscheidung des Konsistoriums, der oberen kirchlichen Verwaltungsbehörde, über die finanzielle Unterstützung der Armen aus der Kirchenkasse mitteilte:

In dem unterm 29. July anni prioris (vorigen Jahres) erstatteten unterthänigen Bericht an das fürstliche, Consistorium, die Abgaben der Kirchenkasten zum Armeninstitut zur Unterstützung der würdigen bedürftigen Ortsarmen exclusive- der fremten Bettler und Vagabunden betreffend, trugen Herr Amtmann und ich dahin an, daß obzwar jezo zu Simmersbach keine dürftige Hausarmen sich befanden, nach des Herrn Pfarrers eigenen Bericht, welche dergleichen Unterstützung nötig hätten, es könnte aber in der Folge geschehen, daß wenn der jetzige Verdienst mit dem Baumwollespinnen aufhöre, oder sonsten ein Unfall sich ereignete, Hülfsbedürftige dadurch entstünden, daß in den möglichen Falle drey Gulden jährlich aus dem Kirchenkasten könnten darzu abgegeben werden.

Nachdem nun dieser Antrag genehmiget, und 3 fl. gnädig ratificiret, so ist mir dabey aufgegeben worden, deßen meine Herrn Conventualen (Mitglieder des Pfarrkonvents) zu bedeuten und zur jährlichen richtigen Auszahlung an das Armeninstitut anzuweisen.

Diesen hohen Befehle unterthänigen Gehorsam zu leisten, habe ich dieses bekannt machen sollen.

Gladenbach, den 3. April Hüffel.

An diesem Schreiben fällt auf, daß die Unterstützung auf die ortsansässigen Armen beschränkt sein sollte, die ein entsprechendes würdiges Verhalten nachweisen konnten. Bemerkenswert ist aber, daß es in Simmersbach damals überhaupt keine Armen gab, also (relativer) Wohlstand herrschte. Ausschlaggebend dafür war das Spinnen von Baumwolle,

Dieser Verdienst scheint später weggefallen zu sein, denn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Verarmung von größeren Bevölkerungsteilen und – damit zusammenhängend – zu einer Auswanderungsbewegung.

1789 ist da hier ein so schreckliches Gewitter mit Hagelschlag gewesen so, daß gleich nachdem es aufhörte, die gesamte Gemeinde in die Kirche eilte und dem Herrn dankte, daß Menschen und Wohnungen verschont worden waren.

1802 wurde der ehemalige Viehstall an der Pfarrscheune erbaut.

1802, den 19. und 20. Mai, war eine solch ungewöhnliche Kälte, daß nicht nur alle zarten Gartengewächse, Planzen und Frühflachs, sondern auch das junge Laub in Wiesen und Wäldern erfror. Dabei fiel in der Nacht ein so tiefer Schnee, daß …

Quellen Hinterländer Geschichtsblätter, Pfarrer Nebe, Bergebersbach
Hinterländer Geschichtsblätter, Dr. Elsa Blöcher
Hinterländer Geschichtsblätter,Gerald Bamberger, Pfarrarchiv Simmersbach: Kirchenbuch 1627-1788, Seite 899
Heimat an Lahn und Dill, Bd. 345 (1997), Seite 2, Gerald Bamberger
Karl H.W. Tacke, Ahnentafel der Familie Geil vom Febr. 1997
Dr. Elsa Blöcher, Der Zimmermann im Hinterland und seine Balkeninschriften

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